Im internationalen Management drohen Vertrauensfallen: Aufgrund kultureller Unterschiede bleibt man misstrauisch, Vertrauen entwickelt sich viel zu langsam oder man verliert es gar – obwohl es eigentlich keinen Grund gibt, nicht zu vertrauen.
Doch wie man solche Fallen vermeiden und die Vertrauensentwicklung fördern kann, lässt sich lernen. Dieses Buch ...
„Herr Meister (leitender Angestellter, französische Geschäftsbank) berichtet über einen französischen Kollegen, mit dem ein wichtiger Kundentermin anstand: „Wir hatten eine gemeinsame Vorgehensweise für das Meeting vereinbart. Und in diesem Meeting hält diese Person sich nicht daran! Zum eigenen Vorteil! Und zu meinem Nachteil. Und diese Person, mit der werde ich nie wieder ...“
Bestimmte Vertrauensfallen entstehen typischerweise dann, wenn Menschen zusammenarbeiten, die sehr unterschiedliche Vertrauensmuster haben. Genau das ist im internationalen Management der Fall, wenn Manager in transnationalen Teams oder im internationalen Kundenkontakt zusammenarbeiten.
Wenn wir in eine kulturelle Vertrauensfalle geraten, erscheint uns der andere als nicht vertrauenswürdig: Wir glauben, gute Gründe dafür zu haben, ihn als nicht vertrauenswürdig einzustufen. Tatsächlich aber beruht diese Einschätzung auf einem kulturellen Missverständnis oder einer kulturellen Missdeutung. Die Vertrauenseinschätzung ist aus Sicht des Kollegen überhaupt nicht plausibel und nicht gerechtfertigt – und genau das gilt auch aus einer übergeordneten Betrachtungsperspektive, denn wir verhalten uns schlicht nach unterschiedlichen kulturellen Standards.
Ich gelange aus meiner Sicht (der Sicht meiner Kultur!) zu der Einschätzung, gute Gründe dafür zu haben, den Kollegen für nicht vertrauenswürdig zu halten. Doch aus seiner Sicht (der Sicht seiner Kultur!) gibt es keine guten Gründe für diese Einschätzung. Die kulturelle Vertrauensfalle schnappt zu, wenn wir nicht bemerken, dass wir unsere Situation aufgrund unseres kulturellen Hintergrunds ganz unterschiedlich interpretieren.
Da die kulturelle Unterschiedlichkeit, die Vertrauen zerstören kann, hinter der Deckung einer gut verinnerlichten, gleichsam automatisierten Managementprofessionalität lauert, sprechen wir von kulturellen Vertrauensfallen: Es ist, als ob die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe - die kulturellen Kontaktlinsen der Beteiligten - in internationalen Managementsituationen Fallen aufstellen, die ein geschultes Auge erkennen und vermeiden kann – aber in die man unvorbereitet leicht hineingerät. Denn man verlässt sich auf sein Vertrauensmuster, mithilfe dessen man gewohnt ist, zuverlässig zu erkennen, wer vertrauenswürdig ist und wer nicht. Doch das Verhalten eines Kollegen oder Partners, der sich an einem anderen kulturellen Bezugssystem orientiert, passt möglicherweise nicht in unser Vertrauensmuster.