Im internationalen Management drohen Vertrauensfallen: Aufgrund kultureller Unterschiede bleibt man misstrauisch, Vertrauen entwickelt sich viel zu langsam oder man verliert es gar – obwohl es eigentlich keinen Grund gibt, nicht zu vertrauen.
Doch wie man solche Fallen vermeiden und die Vertrauensentwicklung fördern kann, lässt sich lernen. Dieses Buch ...
„Herr Meister (leitender Angestellter, französische Geschäftsbank) berichtet über einen französischen Kollegen, mit dem ein wichtiger Kundentermin anstand: „Wir hatten eine gemeinsame Vorgehensweise für das Meeting vereinbart. Und in diesem Meeting hält diese Person sich nicht daran! Zum eigenen Vorteil! Und zu meinem Nachteil. Und diese Person, mit der werde ich nie wieder ...“
Die 'Treffen-nicht-nötig!'-Vertrauensfalle droht, wenn Manager aus einer eher beziehungsorientierten Kultur mit Kollegen oder Partnern mit einer eher sachlichen Herangehensweise zusammenarbeiten. Schlägt ein Geschäftspartner eine Gelegenheit zu einem persönlichen Treffen aus, schließen sie möglicherweise fälschlicherweise, dass dieser nicht an einer ernsthaften Zusammenarbeit interessiert ist.
Ein Russe, ein energischer Mann, Mitte 40, spricht perfektes Deutsch, Direktor eines mittelständischen russischen Handelsunternehmens, kam nach Berlin zu Verhandlungen mit seinem Lieferanten. Die von beiden Seiten gut vorbereiteten Verhandlungen verliefen sehr produktiv, und so hatte er noch einen Tag frei vor seinem Abflug in die Heimat. Er beschloss, die Gelegenheit zu nutzen, um noch mit seinem Lieferanten in Hamburg einige Geschäftsfragen persönlich zu besprechen. Er berichtet:
Ich rief in Hamburg an, freute mich, dass ich meinen Partner im Büro erreichte, und sagte ihm, dass ich gern morgen Vormittag nach Hamburg kommen würde. Aufgrund der Reaktion meines deutschen Partners merkte ich, dass mein Partner von einem solchen Vorschlag ziemlich überrascht war. Der Deutsche erklärte mir, dass es morgen leider nicht ginge, denn er hätte schon Termine, die sich so kurzfristig nicht verschieben ließen. Er könnte aber arrangieren, dass sich jemand von seinen Mitarbeitern mit mir trifft, so würde man die Gelegenheit doch nutzen, persönlich über das Geschäft zu reden. Ich fand es sehr schade, dass es mit dem Treffen nicht klappte, und verabschiedete mich höflich von meinem deutschen Partner. Mich ergriff ein Gefühl der Bitterkeit, als ich den Hörer aufgelegt hatte: Wieso schlägt er diese gute Gelegenheit, mich zu treffen, aus? Freut er sich nicht, mich zu sehen? Er wird doch umdisponieren können! Schließlich geht es um unser beider Geschäft!
Kulturstandard-Forschung / A. Thomas